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Dienstag, 19.03.2024

Jugend in der High-Deck-Siedlung

Seit dem letzten Sommer führt der Träger Camino – seiner Selbstbeschreibung nach eine Werkstatt für Fortbildung, Praxisbegleitung und Forschung im sozialen Bereich – im Auftrag des Neuköllner Jugendamtes  in der High-Deck-Siedlung eine Sozialraumanalyse durch. Ziel der Erhebung ist es, mehr über die Situation von Kindern und Jugendlichen herauszufinden und ihre Wünsche und Bedarfe zu ermitteln. Das so ermittelte Wissen soll im Anschluss den Akteuren vor Ort und der Politik dazu dienen, besser auf die bestehenden Anforderungen einzugehen.

Vorstellung der bisherigen Ergebnisse

Am Donnerstag, 25. Januar hatte Camino zur Vorstellung und Diskussion von Zwischenständen ins „mittendrin“ eingeladen. Bereits kurz vor 18 Uhr, dem angekündigten Veranstaltungsbeginn, war der Saal gut gefüllt. Dabei war das große Interesse am Thema nicht auf Vertretende der Einrichtungen und der Politik beschränkt. Tatsächlich waren auch eine Reihe von an der Studie mitwirkenden Jugendlichen erschienen, die die Vorstellung der Studie durch Camino um ihre Beiträge bereicherten.

In der einführenden Erläuterung des Studiendesigns wurde erklärt, wo in der Siedlung Jugendliche angetroffen und angesprochen und welche Art von Interviews durchgeführt worden waren. Neben Befragungen der Jugendlichen durch die Mitarbeitenden von Camino fanden einige Interviews als Peer-Interviews statt, also als Gespräche unter Jugendlichen ohne die Einmischung Erwachsener. Ziel dieses Vorgehens war es, Antworten zu erhalten, die die Lage der befragten Jugendlichen so ungefiltert wie möglich darstellen.

Unterteilt waren die Interviews in drei Themenkomplexe. Bei „Du und der Kiez“ ging es darum, wie den Jugendlichen ihr Kiez, gefällt, welche Orte sie mögen und welche nicht, wofür die High-Deck-Siedlung in ihren Augen steht, ob sie gern hier wohnen oder lieber anderswo leben würden.

Der zweite Fragenkomplex drehte sich um „Probleme in der High-Deck-Siedlung“, der abschließende um die „Wünsche und Bedarfe“ der Jugendlichen.

Einbeziehung der Anwesenden

Nachdem so die Grundrisse des Vorgehens geklärt waren, wurde das Format interaktiver. Die Stühle wurden an die Seite gestellt und alle Zuhörenden mit in die Analyse einbezogen. Dafür las eine Moderatorin von Camino jeweils Antworten von Jugendlichen aus den Interviews vor und bat die Anwesenden, sich im Raum je nach ihrer eigenen Meinung zu dieser Antwort zu positionieren. Wenn jemand beispielsweise ganz mit einer Aussage einverstanden war, sollte er oder sie nach vorn kommen, bei gegenteiliger Meinung weiter zurücktreten. Zur Verfeinerung der Positionierung gab es im nächsten Schritt die Möglichkeit sich weiter in die rechte oder linke Raumhälfte zu begeben. So entstanden zu Aussagen wie „Mädchen trauen sich weniger in Räume zu gehen, in denen sich Jungs aufhalten“ oder „Jugendliche haben keine Räume und können nur draußen sein“ Gruppen mit ähnlichen Meinungen, die dann diskutiert und festgehalten wurden.

Diskussion und Ergebnisse

Auf diese Art wurden in anderthalb Stunden viele Einsichten zu den Gewohnheiten und Wünschen der Jugendlichen in der Siedlung erörtert. Dazu gehörte, dass es – gerade nach den Jahren der pandemiebedingten Isolation – einen großen Bedarf nach Veranstaltungen und Gemeinschaft gibt, aber auch danach, eigene Räume zu haben, in denen Jugendliche sich ohne Einmischung von Erwachsenen treffen können. Positiv hervorgehoben wurde, dass es in der High-Deck-Siedlung im Großen und Ganzen ein starkes Zusammengehörigkeitsgefühl gibt.

Nach einer kleinen Pause mit Stärkungen durch das vom „mittendrin“-Team bereitete Imbiss- und Kuchen-Buffet fand man sich zur Enddiskussion der bisherigen Einsichten in kleineren Gruppen an Tischen zusammen, deren Ergebnisse von Camino zusammengetragen und in Stichpunkten festgehalten wurden.

Als Hauptprobleme wurden so einerseits die mangelnde Anerkennung und Repräsentanz beschrieben. Jugendliche der Siedlung fühlen sich häufig wie in einem „Brennglas der Neukölln-Klischees“, was nicht zuletzt zu einer ablehnenden Haltung gegen „den Staat“ führt.

Andererseits wurde der Mangel an Räumen und die daraus entstehenden Raumkonflikte festgehaltenNeben allgemein zu wenig Möglichkeiten, sich zu treffen und unter sich zu sein, aber auch gastronomische Angebote in Anspruch nehmen zu können, fehlt es vor allem an besonderen Angeboten und Treffpunkten für Mädchen. Für alle Mitarbeitenden aus dem Bezirk, den Einrichtungen und dem QM ist dies kein neues Thema, jedoch das schwierigste, um etwas zu bewegen. Einiges in punkto Räumen konnte aktuell für zwei neue Projekte bereits bewegt werden. Aber dies ist nur ein Anfang.

Immer wieder wurde darauf hingewiesen, dass die Bedürfnisse und Wünsche der Jugendlichen immer nachvollziehbarer werden, je genauer und unvoreingenommener man nachfragt. Neben den geäußerten Wünschen nach mehr Raum wurde so ersichtlich, dass es auch größerer Anstrengungen bedarf, auf die Jugendlichen zuzugehen und sie mit ihren Problemen, Ängsten und Unsicherheiten – insbesondere beim Wechsel von der Schule in Ausbildungen – nicht allein zu lassen.

Im nächsten Schritt wird Camino die Ergebnisse der Sozialstudie schnellstmöglich schriftlich aufzarbeiten und sie an Bezirk und Einrichtungen weiterleiten, um so zu erreichen, dass sich im Gebiet noch etwas mehr im Sinne der Jugendlichen bewegt.

T: H. Heiland, B: H. Heiland u. QM High-Deck-Siedlung/Sonnenallee Süd W+P GmbH