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Sonntäglicher Architekturrundgang durch die High-Deck-Siedlung

Zum Tag des offenen Denkmals am 12. September hatte das Quartiersmanagement eingeladen, auf einem Architekturrundgang die denkmalgeschützte High-Deck-Siedlung besser kennenzulernen. Das Interesse war groß. Neben zahlreichen Anwohnerinnen und Anwohnern waren am Sonntagvormittag auch der Neuköllner Bezirksstadtrat für Stadtentwicklung, Bürgerdienste und Soziales Jochen Biedermann sowie weitere Stadtpolitikerinnen und -politiker erschienen.

Kurz nach halb zwölf startete der Rundgang am Denkmal auf dem Platz vor dem Sonnencenter. Es trägt den Namen „Orientierung“, wird aber häufiger als ein in die Höhe gereckter Finger erkannt.

Wo heute die High-Deck-Siedlung steht, gab es bis Anfang der 1970er Jahre noch Kleingärten. Die Siedlung selbst ist das Ergebnis eines städtebaulichen Wettbewerbs im Sozialen Wohnungsbau. 2.500 Wohneinheiten sollten entstehen, Ziel war es, mit Flachbauten eine hohe Verdichtung zu erzielen. Die Jury um Werner Düttmann kürte zwei gleichrangige Siegerentwürfe. Umgesetzt wurde der Entwurf von Rainer Oefelein und Bernhard Freund, der eine Trennung von Fußgängerbereichen und Autoverkehr vorsah. Im Spannungsfeld „von Stadtraum, Öffentlichkeitsbezug, Informationsdichte einerseits und ungestörten Grünzonen, Gartenbezug, Freiraum andererseits“ sollte eine kindgerechte Stadt in der Stadt  entstehen. Mit  Begegnungs- und Kommunikationszonen ausgestattet war hier die Idee, die Nachbarschaft auf den High-Decks zusammenzubringen.

Vor Baubeginn mussten die Planungen bereits überarbeitet und an die Anforderungen des sozialen Wohnungsbaus angepasst werden: Gebaut werden musste mit Betonfertigteilen, um die notwendig niedrige Kostenmiete von 4,50 DM/m² zu ermöglichen. 7.000 bis 8.000 Menschen sollten einmal im Gesamtprojekt einziehen. Grundsteinlegung war am 25.2.1975, 1984 wurde als letzter Bau das „Brückenhaus“ als Überbauung der Sonnenallee fertiggestellt.

Das Sonnencenter ist bereits in den ersten Entwürfen für die Siedlung als Einkaufsmöglichkeit im Umfeld konzipiert worden. Auch heute noch hält es einen Supermarkt, eine Apotheke, eine Drogerie, einen Blumenladen, einen Barber-Shop und weitere Geschäfte und Imbisse bereit.

Über den schneckenförmigen Betonaufgang des Brückenhauses gelangte man ohne Stufen über die Sonnenallee. Auf diesem Weg sind auch 124 Seniorenwohnungen im Brückenhaus und dem nördlich daran anschließenden Seniorenhaus „Leonberg“ zu erreichen. Zur Bau- und Fertigstellungszeit war die langsam ansteigende Rampe eine recht weitgehende Annäherung an das, was circa 20 Jahre später „barrierefrei“ heißen sollte.

Heute beherbergt der Übergang über die Sonnenallee, die bei Einweihung der Siedlung noch an der innerdeutschen Grenze endete und nur wenig befahren war, auch Fahrradstellplätze. Außerdem dient er als sicherer Übergang für Kita- und Schulkinder auf ihrem Schulweg. Um ihn für diesen Zweck unter dem Motto „Mit Spaß zu Fuß zur Schule“ heller, freundlicher und sicherer zu gestalten, ha die Künstlerin Nancy Rohde, mit älteren und jüngeren Bewohnerinnen und Bewohnern des Viertels ein neues Farbkonzept erarbeitet. Allerdings muss dieses momentan noch mit den Anforderungen des Denkmalschutzes abgestimmt werden.

Nächste Station war der "Platz an der Sonnenuhr", der 2008 gemeinsam mit Anwohnerinnen und Anwohnern neugestaltet worden ist. Hier wurde ein Ausschnitt des Universums mit stilisierten Planeten geschaffen, die die Sonnenuhr in der Mitte des Platzes umkreisen. In den Grünbereichen gibt es außerdem einen von sechs Bolzplätzen der Siedlung sowie seit diesem Jahr ein Insektenhabitat.

Im ehemaligen Veranstaltungssaal des Hauses „Leonberg“ befindet sich seit April 2011 die Kita Highdechsen“, die als nächstes aufgesucht wurde. Durch den Zuzug vieler neuer Familien mit Kindern waren bis zu ihrer Eröffnung die Kitas in der Umgebung voll belegt und hatten lange Wartelisten. Gemeinsam mit der Kita Highdechsen wurde auch der "Spielegarten für Jung und Alt", der an den Nachbarschaftstreff "mittendrin" angeschlossen ist, eröffnet.

Er wird wochentags von der Kita als Außenspielbereich genutzt und am Wochenende können die älteren Bewohner des Hauses Leonberg sich darin aufhalten. Das „mittendrin“ ist als Nachbarschaftstreff eine der wichtigsten sozialen Institutionen im Quartier und dessen Herz. Ursprünglich Teil eines Mehrzweckhofes mit Lager- und Gewerbeflächen, wurde er ab 2000 zum Nachbarschaftstreff umgebaut. Eingeweiht im Jahr 2003 wurde er von Anfang an von der Bewohnerschaft der Siedlung gut angenommen und viel frequentiert. 2017/18 folgte die nötig gewordene Komplettsanierung und im Juni 2018 konnte das „mittendrin“ zum 15. Geburtstag seine Wiedereröffnung feiern.

Nach den ursprünglichen Planungen erhielt die High-Deck-Siedlung neben vier Gästewohnungen und drei Saunen auch elf vollausgestattete Waschküchen für die Bewohnerinnen und Bewohner. Als jedoch immer mehr Familien eigene Waschmaschinen anschafften, wurden diese Einrichtungen überflüssig, fielen Vandalismus zum Opfer und konnten für andere Nutzungen freigegeben werden. Etwa für den Kindertreff „Waschküche“, der seit 2006 in der Trägerschaft von AspE e.V. gemeinsam mit dem "Inklusiven Eltern-Kind-Zentrum" Köllnische Heide Teil des Familienforums High-Deck ist.

Ein Highlight im Quartiersgebiet ist das Gebäudeensemble „Die Volière“. Als Kunstprojekt ist sie von der Eigentümerin STADT UND LAND Wohnbauten-GmbH mit den französischen Kunstkollektiv "CitéCréation" nach Ideen der Bewohnerinnen und Bewohner umgesetzt worden. Die Anmutung der mit Vogelbildern gestalteten Fassaden bricht mit der massiven Schwere der Betongebäude und verwandelt den Komplex in ein lichtes, transparent anmutendes „Schlösschen“. Zur Umsetzung wurden Arbeitsplätze für Jugendliche aus der Umgebung geschaffen, die hier zu Malerinnen und Malernn und Lackiererinnen und Lackierern ausgebildet wurden.

Dann ging es auf die eigentlichen High-Decks. Von hier aus ergab sich ein Blick in einen typischen Innenhof mit Terrassen, Balkonen und Grünflächen; die intimen Innenhöfe sollten den Rufkontakt zwischen Eltern und Kindern beim Spielen ermöglichen, was heute eher als problematisch angesehen wird. Grundidee bei der Ausrichtung der großzügig geschnittenen Ein- bis Fünfzimmerwohnungen war es, Küchen und Wohnzimmer als belebte Wohnräume zum High-Deck auszurichten, die Schlaf- und Kinderzimmer als ruhige Räume zum Hof.

Auch die Struktur der High-Decks und Straßenebene wurde von hier aus gut sichtbar. Während auf Straßenniveau zwischen den Häusern Stellplätze, Garagen und Waschplätze zu finden sind, bilden die High-Decks eine zweite Verkehrsebene mit Kugelleuchten und Bepflanzung für Freizeitangebote, zur Kommunikationsförderung und um den Gemeinschaftscharakter der Siedlung zu betonen. Hier sollte sich das nachbarschaftliche Leben in der Hauptsache abspielen. Die Häuser und Brücken/High-Decks sind inzwischen in die Jahre gekommen. Die erste Sanierung eines der Decks erfolgte bereits 1999 mit Bewohnerbeteiligung zum Start des Quartiersmanagements. Grundsätzliche Probleme der Abdichtung der Decks, ihrer Bepflanzung und von Nässeschäden sind jedoch nicht leicht zu lösen. Auch die Teilsanierung weiterer Bereiche ab 2008 konnte hier keine Verbesserung erreichen. Leider wurden im Anschluss durch den damaligen Eigentümer die vormals begrünten Bereiche kaum neu bepflanzt.

Den südlichen Abschluss der High-Deck-Siedlung bildet die von Peter Theissen Anfang der 80er-Jahre realisierte Bebauung der Fritzi-Massary-Straße mit ihren beliebten Wohnungen mit großen Balkonen oder Mietergärten und Terrassen. Sie werden über Laubengänge, Treppen und Spindelrampen erschlossen, wofür allerdings Abstriche bei der Privatsphäre gemacht werden müssen.

Der Rundgang endete vor dem Quartiersmanagementbüro in der Leo-Slezak-Straße. Hier war eigentlich noch die Besichtigung einer der gemeinschaftlich nutzbaren Dachterrassen für die gesamte Hausbewohnerschaft geplant. Sie ließ sich aufgrund eines neu ausgetauschten Schlosses dieses Mal nicht realisieren – bei einem der geplanten folgenden Rundgänge wird der Blick von oben über die Siedlung und bis zum Fernsehturm aber auf jeden Fall zu genießen sein.

Text und Bilder: H. Heiland